Dr. Nari Kahle

#Purpose Profit #Soziale Innovationen #Strategische Transformation

Warum jetzt der perfekte Moment für soziale Innovationen in unserer Wirtschaft ist

Inhaltsverzeichnis

Jahrelang fristeten soziale Themen und die entsprechenden Abteilungen in Unternehmen ein Schattendasein. Begriffe wie Unternehmensverantwortung, Corporate (Social) Responsibility, Wirtschaftsethik oder Nachhaltigkeit kämpften stets um Anerkennung und einen Platz auf der Vorstandsagenda. Doch in letzter Zeit hat sich etwas verändert. Plötzlich stehen genau diese sozialen und nachhaltigen Themen im Fokus vieler Unternehmen. Die Nachfrage nach solchen Ansätzen wächst, und es eröffnet sich eine Chance zur Differenzierung. Warum erleben soziale Innovationen gerade jetzt einen Aufschwung? Was hat sich geändert, und worum genau geht es?

Vorhang auf für soziale Innovationen

Soziale Innovationen sind neue und nachhaltige Wege, um gesellschaftliche, kulturelle, ökonomische und ökologische Herausforderungen zu bewältigen – zum Wohl der Menschen. Dabei steht finanzielle Nachhaltigkeit zwar im Vordergrund, doch Profit ist nicht das primäre Ziel. Es geht vor allem darum, innovative Ansätze zu entwickeln, die soziale Bedürfnisse intelligent angehen und idealerweise mit einem profitablen Geschäftsmodell verbinden. Diese Geschäftsmodelle sollten sich auf die drängendsten Bedürfnisse innerhalb einer Gesellschaft konzentrieren und den Menschen in den Mittelpunkt stellen.

Drei Gründe, warum jetzt der richtige Moment ist

1. Die Wirtschaft lernt von anderen gesellschaftlichen Bereichen

Einige soziale Innovationen sind in unserer Gesellschaft schon lange verankert und keineswegs neu. Die Sozialversicherung, 1883 von Reichskanzler Bismarck eingeführt, schuf eine Grundabsicherung des Lebensunterhalts im Falle von Krankheit, Unfällen sowie im Alter und bei Arbeitslosigkeit. Erst durch diese Innovation entstand eine soziale Absicherung in der Gesellschaft.

Die Open-Source-Bewegung zielt darauf ab, Wissen und Erfahrungen zu teilen und die Intelligenz der Vielen zu nutzen. Produktinhalte, Quelltexte und APIs können öffentlich eingesehen und gemeinsam verbessert werden. Wikipedia ist ein bekanntes Beispiel, aber es gibt viele weitere Initiativen: Die Khan Academy bietet Schülern weltweit kostenlose Bildung in Mathematik, Naturwissenschaften, Programmierung, Geschichte und Wirtschaft – in ihrem eigenen Tempo und völlig kostenlos. Immer mehr Universitäten stellen ebenfalls ihre Unterrichtsmaterialien frei zur Verfügung.

Ehrenamtliches Engagement war schon immer ein wichtiger Bestandteil unserer Gesellschaft. Die Digitalisierung ermöglicht hier neue Formen und Trends. Die App „Be My Eyes“ etwa verbindet blinde und sehbehinderte Menschen per Video-Chat mit Freiwilligen, die bei alltäglichen Aufgaben helfen. „ShareTheMeal“ vom Welternährungsprogramm ermöglicht es, mit nur 0,40 € per App eine Mahlzeit für ein Kind in Not zu spenden und den Einsatz der Spende nachzuverfolgen.

2. Pioniere in den Vorstandsetagen

Soziale Innovationen können auch im Unternehmenskontext profitabel sein. Sie bieten die Möglichkeit, soziale Bestrebungen und nachhaltiges Wirtschaften mit dem Kerngeschäft zu verknüpfen. Das führt nicht nur zu sozialem Mehrwert, sondern kann auch die Profitabilität eines Unternehmens steigern. Leitfragen dabei sind: Wie können Lösungen für gesellschaftliche Probleme gefunden werden? Und kann durch die Verbindung dieser Themen ein höherer Absatz von Produkten und Services erzielt werden?

Der Volkswagen-Konzern hat in seiner Personalstrategie soziale Innovationen vorangetrieben. In den 1990er Jahren führte man in Zeiten der Krise die Vier-Tage-Woche ein, um 30.000 Entlassungen zu verhindern – eine Lösung, die als „Wunder von Wolfsburg“ gefeiert wurde.

Paul Polman, ehemaliger CEO von Unilever, richtete den Konzern mit dem „Unilever Sustainable Living Plan“ konsequent auf Klimawandel, Ernährungssicherheit sowie Wasser- und Sanitärversorgung aus. Kampagnen wie diese sensibilisierten Millionen Menschen und steigerten gleichzeitig den Umsatz. Auch deutsche Konzerne wie Adidas gehen mit gutem Beispiel voran: Bis 2024 will das Unternehmen seine Produkte vollständig auf recycelte Kunststoffe umstellen – ein entscheidender Schritt, wenn man bedenkt, dass die Hälfte der Materialien in den jährlich produzierten 920 Millionen Artikeln aus Kunststoff besteht.

Saori Dubourg, Vorständin bei BASF, hat sich als Kapitalismuskritikerin einen Namen gemacht. Sie hinterfragt bestehende Wirtschaftsmodelle und arbeitet an einem innovativen Bewertungssystem, das soziale und ökologische Aktivitäten langfristig honoriert.

3. Der Zeitgeist ist auf unserer Seite

Gleichzeitig erleben wir derzeit eine erhöhte öffentliche Wahrnehmung für soziale und ökologische Themen. Auf globaler Ebene hat die Agenda 2030 der Vereinten Nationen mit ihren 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals) enorm an Bedeutung gewonnen. Diese Ziele gelten für Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländer gleichermaßen und werden zunehmend in politischen Programmen, NGO-Aktivitäten und Unternehmensstrategien berücksichtigt.

Die Fridays-for-Future-Bewegung, die als Schülerstreik begann, hat sich zu einer weltweiten Initiative entwickelt. Sie macht auf die Herausforderungen des Klimawandels aufmerksam und wird zunehmend von Pädagogen, Unternehmern und Politikern unterstützt.

Vielleicht wird unsere Gesellschaft auch einfach nachdenklicher. Wir reflektieren über die Ursachen der Finanzkrise, über die Grenzen von Kapitalismus und Wachstum, über die globale Verantwortung von Konzernen und darüber, welche Welt wir den kommenden Generationen hinterlassen wollen.

Soziale Innovationen als Disruption – auch in der Wirtschaft

Soziale Innovationen sind längst Realität und von hoher Relevanz für Gesellschaft und Unternehmen. Sie adressieren die Megatrends unserer Zeit und bieten Lösungen für Herausforderungen wie Globalisierung, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, demografischen Wandel und Gesundheit. Unternehmen, die sich mit diesen Themen auseinandersetzen, werden langfristig überleben und sowohl für Mitarbeiterinnen als auch für Kundinnen attraktiv bleiben.

Soziale Innovationen bieten die Chance, finanzielle und marktorientierte Interessen mit nachhaltigen Zielen zu verbinden. Sie haben das Potenzial, die traditionelle Art des Wirtschaftens zu revolutionieren und eine Brücke zwischen klassischen Unternehmensinnovationen, öffentlichen Innovationen und gesellschaftlichen Anliegen zu schlagen. Für mich ist klar: Wir brauchen dringend noch viel mehr soziale Innovationen in den Vorstandsetagen unserer Unternehmen.

Quellenangaben

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